Ohne Bereitschaft zur Veränderung geht es nicht

Die Praxis der Achtsamkeit ist in den vergangenen Jahren zunehmend bekannt und populär geworden. Ihre Wirksamkeit gilt als gut erforscht und wird auch von der Schulmedizin anerkannt. Achtsamkeit ist mit dem englischsprachigen Begriff MBSR (Mindfulness Based Stress Reduction) verknüpft – also “Stressbewältigung durch Achtsamkeit”.

Mittlerweile gibt es wohl kein bekanntes deutsches Medium mehr, das nicht Artikel zur Achtsamkeitspraxis publiziert hat. Dabei wird allerdings nicht selten der Eindruck erweckt, Achtsamkeit wäre eine Art Rundumlösung, mit dem man Beruf, Familie, Erfolg, Glück, Geld etc. unter einen Hut bringen kann. Wie bei allem Wichtigen, geht es aber nicht ohne etwas Initiative und Investition – und die Bereitschaft, etwas an seinen bisherigen Verhaltens- und Vorgehensweisen zu ändern. Oder gar die persönlichen Prioritäten zu überdenken.

MBSR wurde 1979 von Prof. Dr. Jon Kabat-Zinn und seinen Mitarbeitern an der Universitätsklinik von Massachusetts entwickelt und an der in diesem Zusammenhang gegründeten “Stress Reduction Clinic” angewendet und evaluiert. MBSR wurde zu Beginn überwiegend Menschen mit chronischen körperlichen Erkrankungen angeboten. Heute wird es darüber hinaus zur Vorbeugung von stressbedingten Erkrankungen und zur Unterstützung bei der Entwicklung gesundheitsförderlicher Lebensführung eingesetzt.

MBSR ist unabhängig von Religion oder Kultur sowie geistigen, emotionalen oder körperlichen Voraussetzungen. In der Übung der Achtsamkeit wendet man sich der nicht-wertenden oder -urteilenden Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks unmittelbar zu, unabhängig davon, ob diese Erfahrung als angenehm oder unangenehm empfunden wird. Man betrachtet aufmerksam das, was vorhanden ist, ohne sich in Widerstände, Grübeleien, Erinnerungen oder Zukunftsplanungen zu verstricken.

Generell wendet sich MBSR an alle Menschen in allen Berufen. Es ist keine Therapie, sondern eine Art mentales Training, um mit sich, seinem Umfeld und den Widrigkeiten des Lebens besser klar zu kommen. Motto: Man kann nichts gegen die Wellen eines aufgewühlten Meeres tun, aber man kann lernen, auf ihnen zu reiten!

MBSR – Mind Fitness zur Stressbewältigung

In den USA und Norwegen beispielsweise wird MBSR auch beim Militär zur Stress-Prävention wie zur -Nachsorge eingesetzt. Auch hier liegen Studien zur Wirksamkeit von MBSR zur Vorbereitung auf und Stress-Festigkeit in riskanten Situationen wie zum Stress-Debriefing danach vor.

MBSR wird überdies in der Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen bei Soldaten (unter dem abgewandelten Namen Mindfulness Based Resilience Training, kurz MBRT), Polizisten, Feuerwehrleuten u.a. Rettungskräften sowie anderer “robuster” Berufe als Begleitmaßnahme eingesetzt.

Schulung der Achtsamkeit durch MBSR

Stress im Alltag und Herausforderungen durch Krankheit, Verlust oder andere schmerzhafte Erfahrungen sind ein unvermeidbarer Teil unseres Lebens. Man lernt im MBSR-Achtwochenkurs, auf Stress nicht blindlings zu reagieren (Autopilot-Modus), sondern mit ihm umzugehen (responding instead reacting).

Die Schulung der Achtsamkeit ist ein einfaches, konkretes und äußerst wirksames Mittel, um Stress abzubauen und Gesundheit und Wohlbefinden zu fördern. Und sie ist ein wirksames Mittel, sich auf Stress-Situationen vorzubereiten, in Stress-Situationen ruhiger und fokussierter zu bleiben und damit handlungseffizienter zu sein, sowei Stress-Situationen nachzubereiten und zu bewältigen.

MBSR wird mit einem Trainingsprogramm vermittelt, in dessen Verlauf sich die Teilnehmer einmal wöchentlich treffen, an einem Samstag zu einem sechsstündigen “Tag der Stille” zusammenkommen und an sechs Tagen der Woche 30-40 Minuten Zeit für Übungen aufbringen müssen.

Würde man in anderen Bereichen seines Lebens die persönliche „Performance“ verbessern wollen – ob im Beruf oder im Sport – so würde kein Zweifel bestehen, dass man Zeit und Energie in einen Schulungskurs oder ein Trainingslager investieren muss. Und das soll nicht möglich sein, wenn es um Glück oder wenigstens eine Verbesserung der Lebensqualität geht?